Größte Sicherheit für die Kleinsten

Städtisches Klinikum Görlitz ist Partnerklinik im Kinder-Tele-Intensivnetzwerk Sachsen. Gemeinsam mit den Experten des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der TU-Dresden wird die Versorgung kritisch kranker Kinder in Sachsen verbessert.

Der Fall

Maja, 13 Monate, wird mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahme des Görlitzer Klinikums gebracht. Sie ist bewusstlos, hat hohes Fieber, schlechte Blutwerte und kaum Sauerstoffversorgung, sie atmet nicht richtig. Ihr Zustand ist lebensbedrohlich. Die Ärztinnen und Ärzte beginnen sofort mit der Behandlung, geben ihr Sauerstoff, messen die Vitalwerte, beatmen sie manuell. Ihre Venenverhältnisse sind schlecht, deshalb legen die Ärzte den Gefäßzugang über eine Punktion durch den Schienbeinknochen direkt in die Knochenmarkshöhle. Auf diese Weise können sie alle rettenden Medikamente und Flüssigkeiten verabreichen. Maja bekommt Antibiotikum und Flüssigkeit. Da ihre Atmung weiterhin instabil ist, führen die Ärzte einen Schlauch in die kleine Luftröhre ein, um sie künstlich zu beatmen. Nach etwa 30-40 Minuten ist Majas Zustand so stabil, so dass ihre Verlegung auf die Kinderintensivstation ins Dresdner Uniklinikum organisiert werden kann. Das Team atmet erleichtert auf.

Das Team im Schockraum kümmert sich um die Versorgung. Foto: Klinikum

Maja ist eine Kinderreanimationspuppe. Ihr Notfall ist eine Übung im Rahmen des Projektes Kinder-Tele-Intensivnetzwerk Sachsen.

Der Teledoc

Über einen Bildschirm mit Kamera, den so genannten „Teledoc“, ist Dr. Stefan Winkler von der Kinderklinik des Universitätsklinikums Dresden direkt in den Görlitzer Schockraum zugeschaltet.

dr. Katalin Müller, Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Gespräch mit Dr. Winkler am Teledoc.

Er unterstützt die Ärzt:innen vor Ort telemedizinisch bei der Notfallbehandlung von „Maja“. Über die Kamera ist er in das Geschehen involviert und kann bei Fragen zu Maßnahmen und Medikamenten mit seiner Expertise helfen.

Das Netzwerk

Dr. Stefan Winkler ist Ärztlicher Leiter des Kinder-Tele-Intensivnetzwerk Sachsen, das derzeit vom Land Sachsen finanziell unterstützt wird. Das Netzwerk arbeitet mit 16 Partnerkliniken an der Verbesserung der Versorgung kritisch kranker Kinder in Sachsen. In Sachsen gibt es nur drei Intensivstationen für Kinder: an den Unikliniken Dresden, Leipzig und Chemnitz. Die 24 weiteren Kinderkliniken in Sachsen haben keine Kinderintensivstation. Dort müssen kritisch kranke Kinder aus der Peripherie schnellstmöglich in die Zentren verlegt werden. Das ist zum Teil mit langen Anfahrtswegen verbunden. Gerade bei akuten Notfällen ist aber Zeit (über)lebenswichtig. Hier setzt das Kinder-Tele-Intensivnetzwerk an. Über Telemedizin werden die Dresdner Kinderintensivmediziner der Uniklinik Dresden direkt in die Notaufnahme vor Ort zugeschaltet und helfen den Kinderärzten bei der Versorgung.

Die Notfälle

Das Görlitzer Klinikum ist als Partnerklinik am längsten aktiv in dem Projekt dabei. Die Görlitzer Kinderärzte und Intensivmediziner stehen in regelmäßigem (telemedizinischen) Austausch mit dem Team der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Uniklinikum. „Wir haben im Jahr bis zu sechs Notfälle mit kritisch kranken Kindern im Klinikum“, sagt dr. Katalin Müller, Chefärztin der Kinderklinik Görlitz. Beispiele sind verunfallte Kinder mit mehreren Verletzungen oder lebensbedrohliche Zustände nach unerkanntem Herzfehler oder Atemprobleme bis hin zum Atemstillstand.

Blick in den Schockraum während der Übung. Rechts der Teledoc-Monitor.

Der große Unterschied

„Die notfall- und intensivmedizinische Versorgung schwerstkranker Kinder ist nicht mit der Behandlung Erwachsener zu vergleichen“, sagt MUDr. Martina Polanska, die als Notfallmedizinerin das Projekt aus Görlitz mit koordiniert. Schon die geringere Größe von Kindern und Neugeborenen stellt die Ärzt:innen, Pflegekräfte und die technische Ausstattung besondere Herausforderungen. Auch der Gewichtsunterschied muss, z.B. bei der Gabe und Dosierung von Medikamenten, berücksichtigt werden. „Kliniken ohne Kinderintensivmedizin profitieren enorm von der telemedizinischen Beratung der Experten. Das Projekt ist für Sachsen ein großer Gewinn“, sagt dr. Katalin Müller.