
Ich habe da so eine Kollegin, die ich sehr schätze und respektiere. Sie ist clever, hilfsbereit, witzig, aufgeschlossen und total nett. Es gibt nicht viele Schnittstellen zwischen unseren Arbeitsbereichen, aber wenn wir miteinander zu tun haben, sind wir extrem konstruktiv und haben viel Spaß an den Projekten. Echte Frauenpower sozusagen!
Trotzdem fürchte ich jede erste Begegnung mit ihr. Grund ist ihr Handschlag. Mal ganz davon abgesehen, dass ich ohnehin nicht der größte Fan vom Händeschütteln bin, sind ihre Hände auch noch feucht und kühl und sie drückt nicht richtig zu! Wie mein Sohn manchmal, den ich dann ermahne, dass er doch kräftig zufassen soll und nicht so lasch. Bitteschön, sei ein echter Kerl! 😉
Ich weiß, die Welt hat größere Probleme, aber gerade jetzt in der Erkältungszeit wird mir wieder bewusst, wie sehr ich seit Jahren versuche, das mit dem Handgeben selbst sein zulassen. Es gelingt mir nicht immer. Es ist faszinierend, welche Bedeutung dieses Begrüßungsritual in der zwischenmenschlichen Kommunikation hat. Eine ausgestreckte Hand kann man mit Ausreden abwehren: „Tut mir leid, ich habe noch nasse Hände“ oder „Ach, ich gebe Ihnen heute lieber nicht die Hand, ich bin etwas erkältet“. Gut kommt auch: „Ich habe mir meinen Finger angeknackst.“ Solche Notlügen funktionieren. Doch müssen wir uns wirklich dafür entschuldigen, wenn wir uns vor Keimübertragung schützen oder einfach nicht jeden Menschen Anfassen möchten?
Ein verweigerter Handschlag gilt als unsozial, unfreundlich und kann zu großen Missverständnissen führen – zumindest in unserer Gesellschaft, in der es sogar Ratgeber über das richtige Händeschütteln gibt. Bei uns ist der Handschlag eine Geste der gegenseitigen Achtung und des Respekts. Deshalb erwarten viele eben auch, dass man die Hand gibt. Außerdem werden zusätzliche Informationen darüber ausgetauscht, zum Beispiel Dominanz, Unterwerfung, Nähe, Distanz, Nervosität, Ruhe etc.
Woher dieses Ritual so ganz genau kommt weiß man nicht. Aber wenn wir Asterixfilmen und Römerepen im Fernsehen Glauben schenken, haben die Menschen das damals schon gemacht. Sie zeigten mit der Geste, dass sie in Frieden kommen. Wenn sie die Hand geben, können sie keine Waffe tragen. Gallileo-tv stellte vor zwei Jahren einen weiteren, recht interessanten Grund für das Händeschütteln vor: Es diene laut einer Studie unterbewusst zur Wahrnehmung von Duftstoffen des Gegenübers. Menschen, denen die Hand gegeben wurde, rochen nämlich häufiger daran. Nun ja. Denkt man daran, wie viele Keime beim Handschlag ausgetauscht werden, ist das ziemlich eklig. Bis zu 80 Prozent aller ansteckenden Krankheiten werden laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über die Hände übertragen: z.B. Grippe oder Magen-Darm-Infektionen.
Es ist zum Verzweifeln. Ich habe entschieden, dass ich, auch meiner lieben Kollegin gegenüber, mein Nicht-Handgeben-Wollen genau damit erkläre, dass ich es einfach nicht möchte und dass es nichts mit Sympathie oder Antipathie zu tun hat. Gerade in meinem beruflichen Umfeld – einem Krankenhaus – sollte ich mit ausreichend Verständnis dafür rechnen können.
Als kleine Hilfestellung für Alle gibt es im Übrigen im Klinikum jetzt auf den Stationen und in anderen Bereichen neben Hygienespendern und Tipps zur richtigen Händehygiene zusätzlich noch Schilder, die darauf hinweisen, dass es nicht unhöflich ist, sich nicht die Hand zu geben, sondern dass es vor Ansteckung schützt…. „Grüßen Sie mit einem Lächeln“ – ist ja auch eine gute Idee.
Und für den Fall der Fälle bin ich grippeschutzgeimpft 🙂
