
Bei dem Wort Garten denke ich an Blumen und Blüten, an Kräuter, Gemüse, Beeren und Äpfel. So ein Garten spricht all meine Sinne an – sehen, hören, riechen, schmecken und natürlich fühlen. Darüber hinaus bietet ein Garten Entspannung und Anspannung, Herausforderungen aber auch Lösungen und zeigt einem, dass das eigene Handeln wirkungsvoll und bedeutend ist.
Seit 2017 profitieren auch die Patienten der Psychiatrischen Klinik des Städtischen Klinikums nach einer längeren Pause wieder von einem Garten. Der Therapiegarten des Klinikums befindet sich auf dem Klinikumsgelände hinter Haus R und ist bei den Patienten sehr beliebt.
Wie allerorts beginnt auch im Klinikum die Gartensaison im Frühling. Für Sven Güther bedeutet das Spaten, Hacken und Scheren startklar machen und raus an die frische Luft. Der Hobbygärtner begleitet nun schon in der dritten Saison Patienten der Psychiatrie im Therapiegarten. Sein Motto: „Alles kann, nichts muss“.

Gleich beim ersten Kennenlernen erklärt Sven Güther seinen Schützlingen: „dass der Garten eine Chance ist, die jeder für sich nutzen kann“. Das muss nicht über harte Arbeit sein. Keiner wird zum Umgraben gezwungen. Jeder kann sich seine Aufgaben selbst aussuchen. Gern ist Herr Güther dabei behilflich und wer keine Lust auf Gartenarbeit hat, genießt die Sonne auf der Bank. Die Möglichkeiten im Therapiegarten sind so vielfältig wie die Ziele der Patienten. Bei den Patienten geht es unter anderem darum, die Eigenaktivität zu steigern, Aggressivität abzubauen, das Gruppengefühl zu stärken, Selbstvertrauen aufzubauen, innere Ruhe zu finden oder sich auszupowern. Aber nichts wird übers Knie gebrochen. Ein Garten braucht Zeit und ein Garten gibt auch Zeit.
Denn von den ersten Anfängen im Frühling, wenn Zwiebeln gesteckt werden, Beete angelegt oder Sträucher verschnitten werden bis zur prachtvollen Blüte oder den ersten Beeren, die im Sommer geerntet werden können, vergehen einige Wochen und Monate. In dieser Zeit muss immer mal wieder das Unkraut in Schach gehalten, Rispen stabilisiert und natürlich auch regelmäßig gewässert werden. All das erledigen die Patienten mit Sven Güther zusammen. Aber es wird nicht nur gemeinsam geschuftet. Inzwischen hat sich ein kleines aber sehr beliebtes Ritual im Therapiegarten etabliert. Nach einer Stunde getaner Gartenarbeit setzt sich Sven Güther mit allen Patienten zum Tee zusammen. Wenn es im Sommer heiß ist, gibt es ein frisches Wasser und man kommt ins Gespräch. Die Patienten erzählen, wie es ihnen geht, wie die Therapie läuft, wo sie Probleme sehen oder was sie bedrückt. Aber das muss nicht sein. Den Themen sind keine Grenzen gesetzt. Und manchmal, erzählt Güther: „wenn keiner so recht etwas erzählen möchte, dann spielen wir eben eine Runde Fußball“. Da bleiben wir auch in Bewegung und haben Spaß zusammen“.

Und auch PD Dr. med. habil. Thomas Reuster, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie begrüßt die Bewirtschaftung des Therapiegartens im Sinne seiner Patienten und bestätigt, dass „psychiatrische Patienten in der Mehrzahl von einer sinnvollen und anregenden Tätigkeit profitieren. Das sinnvolle Handeln lenkt die Konzentration der Patienten auf eine Aufgabe, deren erfolgreiche Bearbeitung das oft darniederliegende Selbstwertgefühl stärkt. Zusätzlich wird die Konzentration von übermäßiger Beschäftigung mit sich selbst (Vorstellungen, Ängste) umgelenkt auf etwas Objektives, welches das Erleben vorübergehend neu auszurichten und zu harmonisieren vermag“.
Um für zusätzliche Abwechslung zu sorgen, lässt sich Sven Güther etwas später im Jahr öfter mal etwas Besonderes einfallen. Im vergangenen Jahr feierte die Gartentherapiegruppe ein leckeres Kartoffelfest mit selbst geernteten Erdäpfeln und einem köstlichen Kräuterdip. Auch ein Apfelfest hat es schon gegeben, bei dem Äpfel mit der Saftpresse zu Most verarbeitet und natürlich auch selbst verkostet wurden.
Für die Patienten, die gern basteln, hat Sven Güther natürlich auch die richtige Idee parat. Aus Kastanien werden witzige Figuren, mit denen sie das Patientenzimmer schmücken können, gestaltet oder aus Stroh und Blumen ein sehr dekorativer Kranz gebunden.


Das alles fordert viel Eigeninitiative und Einsatz von Sven Güther. Die Arbeit im Klinikum macht ihn aber auch glücklich. Wenn er sieht, wie sich der Großteil seiner Patienten im Laufe der Gartensaison öffnet, eine Beziehung zu ihm aufbaut und Vertrauen in das eigene Tun findet, ist er stolz – auf sich und seine Gärtner. Und so freut er sich schon auf seinen nächsten Einsatz im Therapiegarten des Klinikums.
Wer jetzt neugierig geworden ist, ist herzlich eingeladen, im Garten hinter Haus R mal vorbei zu schauen. Lassen Sie sich von der prachtvollen Flora und Fauna inspirieren, entspannen Sie auf einer Bank oder schöpfen Sie neue Kraft. Immer montags, mittwochs und freitags ab 15 Uhr ist Herr Güther vor Ort.
Hintergrundinfos zum Thema:
Wir behandeln mehr als 1.000 Patienten stationär und tagesklinisch in unserer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Oft leiden die Patienten an psychischen und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Depressionen, Schizophrenie, Anpassungsstörungen. Mehr über die Klinik erfahren Sie auf unserer Homepage: https://www.klinikum-goerlitz.de/unsere-leistungen/kliniken-institute/psychiatrie-und-psychotherapie/