Spitzenmedizin in der Urologie

Gespräch mit Privatdozent Dr. Vladimir Novotny über roboterassistierte Eingriffe in seiner Klinik

Dr. Novotny, Sie haben weit mehr als 600 Mal mit einem DaVinci-OP-System operiert. Ist das noch etwas Besonderes für sie?

Die Erfahrung und Routine in der Verwendung dieses Hightech-Gerätes machen sicherlich einen Unterschied. Anfänglich war die Nutzung des DaVinci-Systems aufregend und eine neue Herausforderung. Relativ schnell wurde es jedoch zu einem integralen Teil meiner Arbeit. Ob es noch etwas Besonderes für mich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Jede Operation ist einzigartig, da sie auf die individuellen Bedürfnisse und medizinischen Umstände des Patienten zugeschnitten ist. Daher ist es immer eine verantwortungsvolle Aufgabe, die meine volle Aufmerksamkeit erfordert. Möglicherweise haben Aufregung und Nervenkitzel der ersten DaVinci-Operationen im Laufe der Zeit nachgelassen, dennoch bleibt die Technologie beeindruckend und äußerst nützlich für komplexe urologische Eingriffe. Insgesamt würde ich sagen, dass die Verwendung des DaVinci-OP-Systems immer noch etwas Besonderes ist, aber auf eine andere Art und Weise als am Anfang meiner Karriere. Die Fähigkeit, meinen Patienten präzise und minimalinvasive Operationen anzubieten, hat sich als äußerst wertvoll erwiesen und wird es auch in Zukunft bleiben.

Privatdozent Dr. habil. Vladimir Novonty, Chefarzt der Klinik für Urologie, vor einem Modell des DaVinci Operationssystems. Foto: Paul Glaser

Welche Uro-OPs werden mit der da Vinci Anschaffung durchgeführt?

Wir führen roboterassistiert vollständige Entfernungen der Prostata bei Prostatakrebs durch sowie Nierenteilresektionen (organerhaltende Nierentumorentfernung), Nierenentfernungen und Nebennierenentfernungen. Mittlerweile erfolgen 80% der radikalen Prostataentfernungen roboterassistiert.

Welches ist der schwierigste, welches der einfachste Eingriff?

Das kann man nicht so ohne weiteres differenzieren, zumal wir mit dem Da Vinci®-Operationssystem ausschließlich die großen urologischen Operationen durchführen – sozusagen die Maximaleingriffe unseres Fachgebietes. Daher hat jeder Eingriff von vornherein seine operativen Herausforderungen. Dann kommen noch die anatomischen Gegebenheiten des einzelnen Patienten hinzu. Jede Operation ist individuell und keine wie die andere. Ein Beispiel: Ein zwar sehr kleiner Nierentumor liegt in der Mitte der Niere, nah an den großen Gefäßen. Damit entwickelt sich daraus eine hochanspruchsvolle Operation, obwohl die Tumorgröße an sich den Schluss zulassen würde, dass dieser unkompliziert zu entfernen ist. Lage und Größe des Tumors spielen immer eine entscheidende Rolle.

Wie ist das Resümee nach 50 Eingriffen in der Görlitzer Urologischen Klinik – bestätigen sich die Vorteile der computergestützten OP für Patienten und Operateure?

Wir haben ein sehr positives Feedback von unseren Patienten. Genesung und Mobilität sind deutlich schneller als bei offenen Operationen. Der Blasenkatheter kann eher entfernt werden, was für die Patienten sehr angenehm ist. Zudem entfallen nochmalige nachstationäre Vorstellungen, da alle notwendigen Nachuntersuchungen aufgrund der schnelleren Regeneration bereits während des stationären Aufenthaltes durchgeführt werden können.

Des Weiteren ist die Gefahr von Wundheilungsstörungen deutlich minimiert und auch der ästhetische Aspekt durch die Operation durch 5 kleine Löcher anstatt eines Unterbauchschnitts spielt für viele Patienten eine große Rolle. Für uns Operateure stellt die roboterassistierte Methode eine sehr gute Alternative zu der herkömmlichen Operationstechnik dar, vorausgesetzt der Patient ist dafür geeignet. Die Operation mit dem Da Vinci®-Operationssystem hat für den Operateur den Vorteil, dass man den Operationsbereich um ein Vielfaches vergrößert sieht, was eine sehr präzise Arbeitsweise maximal unterstützt.

Haben sich alle „eingespielt“ – am Anfang dauerte die Vorbereitung im OP ja sehr lange?

Wie es mit allen neuen Dingen und Abläufen so ist, bedarf die Etablierung etwas Zeit. Jeder muss sich zuerst mit seinen neuen Aufgabenbereichen auseinandersetzen und die für sich geeignete Verfahrensweise entwickeln. Dann kommt noch das Zusammenspiel des gesamten Teams dazu. Aber alle Kollegen und Mitarbeiter waren und sind hochmotiviert, sodass sich mittlerweile bereits eine Art von Routine eingestellt hat, die ein sehr effektives Arbeiten erlaubt.

Blick in den OP-Saal und auf die Arme des DaVinci.

Wie viele Operateure in der Urologie im Klinikum können jetzt mit dem Da Vinci operieren?

Drei Operateure nutzen das System.

Der Operateur an der Konsole hat ein vielfach vergrößertes Sichtfeld auf das OP-Feld.

Gibt es noch Eingriffe, die vielleicht künftig durchgeführt werden können? 

Ja, wir planen einen Ausbau unseres Leistungsspektrums um die so genannte Pyeloplastik – Nierenbeckenplastiken und Adenomektomie – Entfernung der Prostata bei gutartiger Vergrößerung.

Sie sprachen schon davon, dass es viele positive Rückmeldungen von Patienten gibt. Werden die Operationen direkt auch nachgefragt?

Das Angebot dieser hochmodernen Operationsmethode in unserer Region ist sehr wohlwollend angenommen worden. Uns erreichen viele Anfragen, die sich speziell auf die Operation mit dem Da-Vinci®-System beziehen. Man sieht immer wieder, dass den Patientinnen und Patienten eine fortschrittliche, qualitativ-hochwertige Behandlung überaus wichtig ist. Wenn diese dann noch in Heimatnähe und mit so hoher Expertise angeboten wird, ist das ein weiterer Pluspunkt. 


Weitere Informationen:

Das OP-System ist seit März auch in der Allgemeinchirurgie des Klinikums erfolgreich etabliert. Die Chirurgen führten mehr als 30 Operationen mit dem System durch, darunter Eingriffe an Dickdarm und Mastdarm bei bösartigen und entzündlichen Erkrankungen, Versorgung von Zwerchfellbrüchen und beidseitigen Leistenbrüchen. Geplant ist der Ausbau des operativen Spektrums auf Operationen an Magen und Leber. „Die Vorteile der robotischen minimalinvasiven Operationen für die Patienten liegen unter anderem darin, dass sie deutlich weniger Schmerzen nach dem Eingriff haben, sie schneller mobil sind und somit auch mögliche Komplikationen wie z. B. Lungenentzündungen, Thrombose, Darmlähmung deutlich verringert werden“, sagt der Leitende Oberarzt Dr. Jörg Richter. Er betont, „dass das System nicht den Chirurgen ersetzt. Die Patienten werden weiterhin von Ärzten, also Menschen, operiert. Das System ist eine Verlängerung und Optimierung der menschlichen Hand, denn ohne den Chirurgen bewegt sich der Roboter keinen Millimeter.“

Der DaVinci wird seit Sommer ebenfalls in der Gynäkologie des Klinikums und hier insbesondere bei Gebärmutterentfernungen eingesetzt. „Zukünftig wollen wir das Leistungsspektrum um Lymphknoteneingriffe bei bösartigen Krankheiten sowie um die Operationen bei Senkung der Genitalorgane erweitern“, sagt Operateur und Oberarzt Michal Tomczyk.