„Wir behandeln das Glaukom heute individueller als je zuvor“

Chronisch, schleichend, oft unbemerkt – das Glaukom zählt zu den häufigsten Ursachen für Erblindung. Wie eine frühzeitige Diagnose und individuell angepasste Therapien helfen können, erklärt Chefarzt Igor Prusiecki im Interview. Er spricht über moderne mikro-invasive Verfahren, die Spezialisierung der Augenklinik und den aktuellen Stand der Glaukom Behandlung in Görlitz.

Herr Prusiecki, die Augenklinik des Klinikums Görlitz gilt als auf Glaukom spezialisierte Einrichtung. Was zeichnet Ihre Klinik in diesem Bereich aus?

Unsere Klinik bietet seit vielen Jahren moderne Diagnose- und Therapieverfahren bei Glaukom an. Der Grüne Star ist eine chronische Erkrankung, bei der der Sehnerv meist durch erhöhten Augeninnendruck geschädigt wird. Ziel unserer Arbeit ist es, diesen Druck rechtzeitig und nachhaltig zu senken, um das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Dafür stehen uns heute mehrere mikro-invasive Operationsmethoden zur Verfügung, die wir individuell auf die jeweilige Situation der Patientin oder des Patienten abstimmen.

Igor Prusiecki leitet als Chefarzt die Klinik für Augenheilkunde im Städtischen Klinikum Görlitz. Foto: Nathalie Wittig

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „mikro-invasiv“?

Das bedeutet, dass wir mit sehr feinen Instrumenten über kleinste Zugänge operieren – oft durch einen winzigen Schnitt in der Hornhaut. Dadurch sind die Eingriffe besonders schonend, die Erholungszeit ist kurz und das Risiko für Komplikationen gering. Die Belastung für das Auge ist deutlich geringer als bei klassischen Verfahren. Diese Methoden eignen sich daher besonders für frühe und mittlere Glaukomstadien, obwohl z.B. der XEN-Stent auch für fortgeschrittene Glaukome gut geeignet ist.

Informationen rund ums Glaukom am 17. Mai 10 – 15 Uhr beim Tag der offenen Tür und am 28. Mai 17:30 bei unserer Vortragsreihe

Welche mikro-invasiven Verfahren kommen bei Ihnen zum Einsatz?

Aktuell bieten wir vier verschiedene Verfahren an. Seit 2016 setzen wir die Trabektomie ein, 2022 kam das Miniject-Implantat hinzu. Seit 2024 nutzen wir die Viscokanaloplastik ab interno mit dem OMNI-System. Ganz neu ist der XEN-Stent, ein gelartiger Mini-Schlauch, der das Kammerwasser unter die Bindehaut ableitet und so den Druck effektiv senkt. Alle diese Verfahren zielen auf eine nachhaltige Drucksenkung ab, ohne das Auge unnötig zu belasten.

Welche Vorteile bietet es, mehrere dieser Verfahren in einer Klinik anbieten zu können?

Das erlaubt uns, die Behandlung auf die individuellen Voraussetzungen der Patienten abzustimmen. Je nach Stadium, Druckwert, Vorerkrankungen oder auch Alltagssituation können wir gezielt die Methode auswählen, die am besten passt. Außerdem lassen sich die Verfahren auch stufenweise einsetzen. Sollte eine Methode nicht ausreichen, kann eine andere ergänzt oder nachfolgend angewendet werden.

Wann ist eine Operation überhaupt notwendig – reicht nicht häufig eine Behandlung mit Augentropfen aus?

In vielen Fällen ist die medikamentöse Therapie zunächst ausreichend. Sie kann aber mit der Zeit an Wirkung verlieren oder wird nicht vertragen. Dann prüfen wir, ob ein mikro-invasiver Eingriff sinnvoll ist. Auch hier gilt: Wir entscheiden individuell und beraten ausführlich.

Welche Rolle spielt der neue XEN-Stent in diesem Therapiekonzept?

Der XEN-Stent ergänzt unser Spektrum insbesondere für Patienten und Patentinnen mit Offenwinkelglaukom, bei denen, die tiefe Drucksenkung notwendig ist oft in fortgeschrittenem Stadium. Der Eingriff ist kurz und im Vergleich zu klassischen Operationen, die den Abfluss unter der Bindehaut bilden, risikoarm, obwohl das Risiko für zu tiefe Senkung des Druckes auch hier besteht. Ich möchte betonen, dass ein gewisses Risiko bei allen diesen Verfahren besteht und oft auch mit drucksenkender Effizienz steigt.

Wie viele Patientinnen und Patienten mit Glaukom werden an Ihrer Klinik behandelt?

Etwa 430 Glaukom-Patienten pro Jahr – Tendenz steigend. Das zeigt, dass die Spezialisierung angenommen wird. Unser Einzugsgebiet reicht von Görlitz über den gesamten Landkreis bis nach Hoyerswerda. Wir legen großen Wert auf Qualitätssicherung, regelmäßige Fortbildungen und die kontinuierliche Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Entwicklungen.

Gibt es eine Möglichkeit, sich als Betroffene oder Betroffener näher zu informieren?

Ja, wir laden herzlich ein, unseren Informationsstand rund um das Glaukom am Tag der offenen Tür im am 17. Mai 2025 von 10 – 15 Uhr zu besuchen. Darüberhinaus laden wir Sie auch zu unserem öffentlichen Vortrag ein:

„Grüner Star – wir können mehr, aber nicht alles“
📅 Mittwoch, 28. Mai 2025, 17:30 Uhr
📍 Konferenzzentrum Klinikum Görlitz Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Dort geben wir einen Überblick über Ursachen, Diagnose und aktuelle Behandlungsmöglichkeiten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Gerne. Die frühzeitige Information und Auseinandersetzung mit dem Thema ist ein wichtiger Schritt, um Sehschäden zu vermeiden.

🗂️ Gut vorbereitet zum Arztgespräch: Wichtige Fragen bei Glaukom

Diese Fragen können helfen, das persönliche Risiko besser einzuschätzen und gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt eine passende Behandlungsentscheidung zu treffen:

  • Wie stark ist mein Sehnerv aktuell geschädigt?
  • Wie hoch ist mein Augeninnendruck – und welcher Zielwert wäre ideal für mich?
  • Reichen Augentropfen aus oder sollte über einen Eingriff nachgedacht werden?
  • Welche mikro-invasiven Verfahren kämen in meinem Fall infrage?
  • Was sind die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden?
  • Kann eine Glaukom-OP mit einer Katarakt-OP kombiniert werden?
  • Wie läuft der Eingriff ab – und wie schnell bin ich wieder einsatzfähig?
  • Was passiert, wenn die gewählte Methode nicht ausreicht? Gibt es Alternativen?
  • Wie oft sind Nachkontrollen nötig?
  • Was kann ich selbst tun, um das Fortschreiten zu verlangsamen?

📌 Tipp: Notieren Sie Ihre Fragen vor dem Termin – und bringen Sie auch Befunde oder Tropfenlisten mit, wenn vorhanden.

Weitere Informationen: augenklinik.klinikum-goerlitz.de