Mit dem Jahreswechsel hat Glück natürlich wenig zu tun. Eher verbinden wir mit Glück einen zufälligen Umstand gekoppelt an einen positiven Ausgang. Im allgemeinen Verständnis spielt Talent oder eigenes Zutun dabei keine Rolle. Hierzulande denken daher viele bei dem Wort Glück an einen Lotteriegewinn, an Geld oder ein neues Auto. Doch machen uns diese materiellen Güter langfristig wirklich glücklich?
Was uns glücklich macht, beschäftigt auch die Wissenschaft in vielen Studien und Erhebungen. So wird beispielsweise jährlich der Happy Planet Index (deutsch: Index des glücklichen Planeten) ermittelt, ein Indikator für die ökologische Effizienz mit der eine Nation ihr Wohlbefinden generiert. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei, dass für viele Menschen nicht das Anhäufen von Reichtümern wichtigstes Ziel ist, sondern ein glückliches und gesundes Leben an erster Stelle steht. Zur Ermittlung des Indexes werden Lebenserwartung, die Lebenszufriedenheit und der ökologische Fußabdruck ins Verhältnis gesetzt.
Erstaunlich dabei ist, dass die europäischen Länder und Amerika mit einem hohen Durchschnittseinkommen einen doch eher niedrigen Rang erreichen. So belegt Deutschland in der Auswertung aus dem Jahr 2016 Rang 49 von 140 berücksichtigten Ländern und Amerika sogar nur Rang 108. Die ersten Platzierungen gehen wiederholt an Costa Rica, Mexiko und Kolumbien.
Auch in anderen internationalen Erhebungen, bei denen die Platzierungen im Einzelnen anders ausfallen können, zeigt sich, dass eine fortschreitende Industrialisierung und ein steigendes Bruttoinlandsprodukt kein Garant für glückliche Menschen sind – ganz im Gegenteil. Das liegt daran, dass Glück mehr ist, als nur die Abwesenheit von Problemen oder ein gewisser Wohlstand. Glück und Glücksempfinden hängen von vielen Einflussfaktoren ab. Einer der wichtigsten Faktoren, in Verbindung mit dem individuellen Glück, ist nach Stefan Klein (Physiker und Philosoph) die Möglichkeit, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen. Das bedeutet, dass ich eher glücklich bin, wenn ich mein Leben selbst (mit)bestimmen kann, als wenn ich mich erheblichen Zwängen ausgesetzt sehe. In diesem Zusammenhang ist auch das Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ zu sehen. Es kommt also darauf an, sich selbst einzubringen, eigene Begabungen aber auch ihre Grenzen zu erkennen und auf der Grundlage einer realistischen Selbsteinschätzung das eigene Leben aktiv mitzugestalten.
So ergab eine Studie aus der Altenforschung (1), dass die Lebenszufriedenheit und die Lebenserwartung von Bewohnern im Altersheim deutlich gesteigert werden konnte, in dem die Bewohner ihr Essen und ihre Ausflugsziele selbst wählen durften.
Um das eigene Leben selbst in die Hand nehmen und mitgestalten zu können, ist es wichtig, mit sich im „Reinen“ zu sein und sich in einem robusten Zustand zu befinden. Traumatische Erfahrungen in der Kindheit, Unfälle, Gewalteinwirkung und Katastrophen aller Art können uns nachhaltig beeinflussen, müssen sie aber nicht. Im Gespräch mit Dr. Rothe, Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Städtischen Klinikum Görlitz erfahre ich, dass ungefähr 70 Prozent der Menschen an einem schweren Verlust, einer Krankheit oder einer persönlichen Katastrophe wachsen. Das ist genau dann der Fall sagt Chefarzt Dr. Rothe: „wenn sich beim Betroffenen ein Reifungsprozess einstellt und sich Stolz oder eine wertschätzende Haltung entwickelt, die Situation gemeistert oder im Fall einer schweren Krankheit überlebt zu haben.
Den übrigen 30 Prozent der Menschen, die Schlimmes erfahren haben, fällt es schwer, ihr seelisches Gleichgewicht ohne ein therapeutisches Einwirken wieder zu erreichen. Was nach Chefarzt Dr. Rothe helfen kann ist: „das Selbstwertgefühl zu stärken indem man zwischenmenschliche Beziehungen aufbaut, die Gesellschaft von Vertrauten sucht oder auch schon vorhandene Ressourcen wieder reaktiviert“. Zum Beispiel könnte man wieder mit dem Singen in einem Chor beginnen, nach Jahren wieder den Pinsel in die Hand nehmen oder Sport treiben.
Wichtig zu wissen: es gibt auch biologische Auslöser, die einen Einfluss auf das Glücksempfinden haben. So sendet das Gehirn beispielsweise bei der Nahrungsaufnahme unter anderem von Schokolade Botenstoffe aus, die sich dann wiederum positiv auf unser Gefühlsleben auswirken. Nun ist mir absolut klar, dass wir unsere Sorgen und Probleme nicht mit Süßigkeiten in den Griff bekommen aber bei einem kleinen Tagestief bewirkt bei mir eine leckere Praline oder sogar ein Stück Tiramisu Wunder.
Quelle 1: Stefan Klein, S. 276. Die Glücksformel oder wie die guten Gefühle entstehen. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 3-498-03509-6.